Anm.: Diese Pressemitteilung und Chronologie der Freunde des Grundgesetzes ist hier als PDF zu laden. Teile davon wurden von den Freunden des Grundgesetzes bereits in Form einer zuvor erschienenen kleineren Chronologie verwendet.
Diesen Sommer steht die Republik vor einer weiteren Verfassungsänderung. Durch die Nomenklatura der durchgängig paneuropäisch ideologisierten Parteien in Bundestag und Bundesrat wird dies als pro-demokratischer Akt für mehr Partizipation der Staatsbürgerinnen und -bürger durch „Volksentscheide“ verkauft. Doch in Wirklichkeit haben alle etablierten Parteien, darunter Piratenpartei und „Die Linke“, genauso wie der „Deutsche Gewerkschaftsbund“ (D.G.B.) und einflussreiche Banker durch Beschlüsse und Erklärungen das Grundgesetz bereits in Frage gestellt oder/und rufen offen zu dessen Beseitigung auf. Zweck des Systemwechsels soll die Errichtung eines paneuropäischen Konstrukts über eine unklare Anzahl bislang noch existierender souveräner Staaten sein, deren Existenzrecht in Frage gestellt wird. Als Mittel zum Zweck dieses weit über eine Dekade hinweg systematisch vorbereiteten und von Funktionären aus Staat und Kapital im Zeitlupentempo exekutierten Putschversuchs soll ausgerechnet eine Volksabstimmung dienen.
Eine Chronologie.
Leipzig, 17. April 1998:
Kurz nach der gemeinsam im Zuge des „großen Lauschangriffs“ mit C.D.U., C.S.U. und der Mehrheit der F.D.P.-Abgeordneten beschlossenen Ausschaltung von Artikel 13 Grundgesetz („Die Wohnung ist unverletzlich.“) durch „Verdacht“, hält in Leipzig die „Sozialdemokratische Partei Deutschlands“ S.P.D. unter ihrem Vorsitzenden Osker Lafontaine und ihrem Kanzlerkandidaten Gerhard Schröder fünf Monate vor der Bundestagswahl ihren Bundesparteitag ab. Dabei ändert sie ihr Grundsatzprogramm, das im Dezember 1989 beschlossene „Berliner Programm“ (1), wie folgt:
„Wir wollen die Europäische Gemeinschaft zu den Vereinigten Staaten von Europa weiterentwickeln. Durch die Übertragung von Hoheitsrechten auf die EG gemäß Artikel 24 des Grundgesetzes ist der herkömmliche Staatsaufbau bereits ergänzt worden. Die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinschaft sollen an deren Entscheidungen mitwirken können. Aus einer Wirtschaftsgemeinschaft muß ein Europa der Bürger werden, in dem die Staatsangehörigkeit nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Unser Ziel ist eine Verfassung für die Gemeinschaft, die Demokratie mit den Grundsätzen des Rechts- und Sozialstaates verbindet.“
Und im gleichen Atemzug:
„Das Grundgesetz ist Angebot und Aufgabe. Auf seiner Grundlage haben wir, zusammen und im Wettbewerb mit anderen Parteien, die Bundesrepublik Deutschland aufgebaut. Wir fühlen uns für sie verantwortlich. Insofern ist sie unsere Republik. Sie hat viele Mängel. Daher wollen wir ihre Wirklichkeit an die Verfassungsnorm annähern. In diese Republik bringen wir den Demokratischen Sozialismus ein, damit sie werden kann, was sie nach ihrer Verfassung sein soll: ein demokratischer Sozialstaat.“
Hamburg, 28. Oktober 2007:
Auf ihrem Bundesparteitag bechließt die „Sozialdemokratische Partei Deutschlands“ ein neues Grundsatzprogramm. Im „Hamburger Programm“ (2) heißt es nun:
„Die Europäische Union hat heute Züge eigener Staatlichkeit gewonnen. Immer mehr Lebensbereiche werden von europäischen Entscheidungen berührt. Wir wollen das Europa der Bürger schaffen. Wir wollen mehr europäische Demokratie wagen. Unser Leitbild ist eine politische Union, die allen europäischen Bürgern demokratische Mitwirkungsrechte gibt. Das demokratische Europa braucht eine parlamentarisch verantwortliche Regierung auf der Basis einer europäischen Verfassung. Wir wollen ein föderales Europa, in dem neben dem Europäischen Parlament die Nationalstaaten an der europäischen Gesetzgebung beteiligt werden.“
Karlsruhe, 30. Juni 2009:
Noch hat die 1992 gegründete „Europäische Union“ keine Rechtspersönlichkeit, noch existiert die „Europäische Gemeinschaft“. Nun urteilt das Bundesverfassungsgericht zum Lissabon-Vertrag, dessen Inkrafttreten Monate später die Auflösung der E.G. und Ermächtigung der E.U. verfügen wird, wie folgt (3):
„Art. 23 Abs. 1 GG unterstreicht ebenso wie Art. 24 Abs. 1 GG, dass die Bundesrepublik Deutschland an der Entwicklung einer als Staatenverbund konzipierten Europäischen Union mitwirkt, auf die Hoheitsrechte übertragen werden. Der Begriff des Verbundes erfasst eine enge, auf Dauer angelegte Verbindung souverän bleibender Staaten, die auf vertraglicher Grundlage öffentliche Gewalt ausübt, deren Grundordnung jedoch allein der Verfügung der Mitgliedstaaten unterliegt und in der die Völker – das heißt die staatsangehörigen Bürger – der Mitgliedstaaten die Subjekte demokratischer Legitimation bleiben. (..)
Das Grundgesetz setzt damit die souveräne Staatlichkeit Deutschlands nicht nur voraus, sondern garantiert sie auch. (…)
Die deutsche Verfassung ist auf Öffnung der staatlichen Herrschaftsordnung für das friedliche Zusammenwirken der Nationen und die europäische Integration gerichtet. Weder die gleichberechtigte Integration in die Europäische Union noch die Einfügung in friedenserhaltende Systeme wie die Vereinten Nationen bedeuten eine Unterwerfung unter fremde Mächte. (..)
Integration setzt den Willen zur gemeinsamen Gestaltung und die Akzeptanz einer autonomen gemeinschaftlichen Willensbildung voraus. Integration in eine freiheitliche Gemeinschaft verlangt aber weder eine der verfassungsrechtlichen Begrenzung und Kontrolle entzogene Unterwerfung noch den Verzicht auf die eigene Identität. Das Grundgesetz ermächtigt die für Deutschland handelnden Organe nicht, durch einen Eintritt in einen Bundesstaat das Selbstbestimmungsrecht des Deutschen Volkes in Gestalt der völkerrechtlichen Souveränität Deutschlands aufzugeben. Dieser Schritt ist wegen der mit ihm verbundenen unwiderruflichen Souveränitätsübertragung auf ein neues Legitimationssubjekt allein dem unmittelbar erklärten Willen des Deutschen Volkes vorbehalten. „
4. September 2011:
Der „Spiegel“ (4) vermeldet über die amtierende Kanzlerin Angela Merkel (C.D.U.) und dessen Vorgänger Gerhard Schröder (S.P.D.) folgendes: Merkel sei „bereit, die Idee von der einen EU aller 27 Mitgliedsländer hinter sich zu lassen, um die Euro-Zone zu stärken. Der richtige Plan, findet Schröder“.
Ex-Kanzler Schröder wird wie folgt zitiert:
„Wir sollten jetzt nicht länger fackeln, sondern ernst machen mit Kern-Europa…Perspektivisch muss man aus der Kommission eine Regierung machen, die parlamentarisch vom Europaparlament kontrolliert wird. Und das heißt: Vereinigte Staaten von Europa.“
Schröders ex-Minister Jürgen Trittin, Bündnis 90/Die Grünen, dazu:
„Eine europäische Wirtschaftsregierung, ein europäischer Finanzminister muss bei der Kommission und nicht bei den Mitgliedstaaten angesiedelt sein.“
Es liegt nahe, dass zumindest Kanzlerin Merkel und ex-Kanzler Schröder zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt ist, was drei Tage später Karlsruhe als umfangreich formuliertes Urteil verkündet.
7. September 2011:
Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts, mittlerweile in anderer Besetzung und unter dem neuen Präsidenten Andreas Vosskuhle, urteilt nach über einem Jahr über die im Mai 2010 innerhalb von fünf Tagen durch den Bundestag gejagte „Hilfe“ für Griechenland-Gläubiger in Höhe von 22,4 Milliarden Euro und das gleich anschließend durchgewunkene „Euro-Stabilisierungsmechanismus-Gesetz“, mit dessen Legitimation später die luxemburgische Aktiengesellschaft E.F.S.F. und der „Europäische Stabilisierungsmechanismus“ E.S.M. gegründet werden.
Mit Urteil 2 BvR 987/10 werden alle Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen. Die Verfassungsrichter lassen effektiv alles weiter laufen. Trotz der stringent katastrophalen Entwicklung in allen Staaten mit Euro-Finanzsystem legt das Bundesverfassungsgericht hinsichtlich der deutschen Staatsausgaben für die (nachweisbar nur an Finanzgläubiger, Banken und Geldmärkte und nicht an die Bürgerinnen und Bürger der verschuldeten Staaten mit Euro-Finanzsystem fließenden) Tribute nicht einmal eine Obergrenze fest. (5)
Aber: Die im Lissabon-Urteil mit Artikel 79 Abs. 3 definierte „absolute Grenze“ des Demokratieabbaus, mithin den absoluten Kern der souveränen Republik Deutschland und deren verfasste parlamentarische Demokratie, müssen die Verfassungsrichter stehen lassen, da der für einen Systemwechsel zwingend notwendige „unmittelbar erklärte Willen des Deutschen Volkes“, also eine Volksabstimmung, nicht gegeben ist.
19. September 2011:
Peter Michael Huber, der als Richter im 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts noch vor Tagen das E.F.S.F.-Urteil sprach, gibt der „Süddeutschen Zeitung“ ein Interview. Dessen Wortlaut stellt die Zeitung wohlweislich nicht ins Internet.
In diesem Interview entwirft Verfassungsrichter Huber die Idee, das Grundgesetz mittels einer Volksabstimmung nach Artikel146 durch eine neue Verfassung zu ersetzen. Diese würde äußerlich zwar fast die gleiche sein, wäre aber in zwei entscheidenden Verfassungsartikeln beschnitten: in Artikel 23 und der „Ewigkeitsklausel“ in Artikel 79. Eine „Wirtschaftsregierung“ durch die Kommissare des EU-Staatenbundes wäre nun möglich, so der Verfassungsrichter.
Huber, zu diesem Zeitpunkt Kurator des Vereins „Mehr Demokratie e.V.“, gibt in dem Interview selbst zu, dass dieser Vorgang „in der Sache“ eine „Revolution“ wäre. (6, 7)
21. September 2011:
Der ehemalige Präsident von Republik und Verfassungsgericht, Roman Herzog, fordert in einem Interview mit der „Zeit“ (8) eine „Mitsprache der Europäischen Kommission in Haushaltsfragen“ und äußert sich über einen „europäischen Finanzminister“ dahingehend, dass dessen Machtbefugnisse auf einem „Automatismus und nicht einer Abstimmung“ beruhen müssten. Auf die Bemerkung, dieser Automatismus könne am Bundesverfassungsgericht scheitern, äußert Herzog: „Da bin ich nicht so sicher“. Und: „Souveränität haben wir schon doppelzentnerweise an Brüssel abgeliefert!“
Des Weiteren äußert Herzog, eine paneuropäische „Wirtschaftsregierung“ müsse nicht „zweimal im Jahr“, sondern „zweimal in der Woche“ tagen. Zur Frage, wie das angesichts des Grundgesetzes möglich sein sollte, sagt Herzog: „Ja, ich bin für eine Volksabstimmung in diesen Fragen.“
Auf die Frage der „Zeit“-Redakteure, ob denn das Ziel „die Vereinigten Staaten von Europa“ seien, findet der ex-Präsident von Republik und Bundesverfassungsgericht dann folgende unfassbare Antwort, mit dem ihm offensichtlich einzig relevant erscheinenden Gegenargument:
„Ich habe nie daran geglaubt. Da fehlt die Nation.„
25. September 2011:
Der Präsident des Verfassungsgerichts, Andreas Vosskuhle, seinerzeit im nichtöffentlich tagenden Sonderausschuss des Bundestages zur Wahl der Karlsruher Verfassungsrichter von der S.P.D. nominiert, stellt in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (9) den Bestand der Bundesrepublik Deutschland offen zur Disposition.
„Für eine Abgabe weiterer Kernkompetenzen an die Europäische Union dürfte nicht mehr viel Spielraum bestehen. Wollte man diese Grenze überschreiten, was politisch ja durchaus richtig und gewollt sein kann, müsste Deutschland sich eine neue Verfassung geben. Dafür wäre ein Volksentscheid nötig.„
Am gleichen Tage erscheint ein Interview mit dem Vorsitzenden der S.P.D., Sigmar Gabriel, in der „Bild“-Zeitung (10).
„Über grundsätzliche Fragen der Europapolitik sollte das Volk in Zukunft direkt entscheiden. Auch in Deutschland. Solche Volksentscheide sind schwierig und keinesfalls immer erfolgreich.“
26. November 2011:
Die Partei Bündnis 90/Die Grünen, mittlerweile Unterpartei der 2004 geschaffenen „Europäischen Grünen Partei“, bezeichnet auf ihrer Bundesdelegiertenkonferenz unter der Überschrift „Die Zukunft ist Europa“ das Grundgesetz als “offene Frage” und “plädieren” dafür “anlässlich der EU-Vertragsreform eine verfassungsgebende Versammlung in Deutschland einzuberufen”. Erklärter Sinn und Zweck der angepeilten “neuen Verfassung”: die “stärkere Integration Deutschlands in der Europäischen Union” und die Ermächtigung für die Brüsseler Kommissare eine „Wirtschaftsregierung“ bilden zu können. (11)
Es bleibt unklar, wer oder welches Gremium auf der Bundesdelegiertenkonferenz den Beschluss kurz vor der Abstimmung noch einmal entscheidend verschärfte. (12)
5. Dezember 2011:
Die Piratenpartei Deutschland nimmt die von „Internationalem Währungsfonds“, „Europäischer Kommission“ und „Europäischer Zentralbank“ („Troika“) über Millionen Menschen in europäischen Demokratien diktierte Massenarmut, Verelendung, Entdemokratisierung, Entrechtung und Entstaatlichung zum Anlass „in großer Sorge“ um die „europäischen Institutionen“ zu sein, welche dieses diktierten.
Statt sich an die Seite der europäischen Völker zu stellen, die mit ungezählten Generalstreiks, Streiks, Protesten und Demonstrationen um ihre Freiheit und Selbstbestimmung kämpfen, appellieren die Piraten „mit besonderem Nachdruck“ an die Millionen ausgeplünderten „Europäer“ sich auch noch ihre eigenen souveränen Demokratien rauben zu lassen.
Statt diesen Demokratien solidarisch zur Seite zu stehen, rufen die Piraten dazu auf, sich mit der „institutionellen Zukunft Europas auseinanderzusetzen“ und „insbesondere die Möglichkeit eines durch eine gemeinsame Verfassung konstituierten, demokratischen europäischen Rechtsstaates zu erwägen“. (13)
Nach zwei Jahren Lissabon-Vertrag und der Erschaffung der eigenen Rechtspersönlichkeit für den Staatenbund „Europäische Union“ stellt nun also auch die „pro-europäische“ Piratenpartei das Existenzrecht der europäischen Staaten in Frage, die diesen Bund überhaupt bilden.
Dabei befinden sich die Verfassungspiraten in „guter Gesellschaft“.
29. Februar 2012:
Der leitende Direktor des weltweit alle relevanten Banken vertretenen Kartells “Institute of International Finance” (I.I.F.), Josef Ackermann, fordert in der “Bild”-Zeitung für “die Stabilität des Euro und das Wohlergehen Europas” folgendes (14):
“Nötig sind automatische, harte Sanktionen sowie eine enge supranationale Überwachung. Dazu ist es erforderlich, zusätzliche nationale Souveränitätsrechte auf die europäische Ebene zu übertragen und auch die Verfassungen der Mitgliedstaaten anzupassen.”
22. April 2012:
FDP-Bundesparteitag. Die Delegierten beschließen die vom Bundesvorstand vorgelegten „Freiheitsthesen“. Nach Vorbild des Bundestages haben die Delegierten der „Liberalen“ sicherlich gelesen, was sie in Punkt 89 des Antragsentwurfs der „Freiheitsthesen“ (später Punkt 94 der beschlossenen endgültigen Fassung) zustimmen: der Schaffung eines „durch Volksabstimmungen in den Mitgliedstaaten legitimierten europäischen Bundesstaates“, der „politischen Union“ einer völlig unklaren Anzahl europäischer Staaten und dem Ersatz des Grundgesetzes durch eine „europäische Verfassung“. (15)
23. Mai 2012:
Mitten im Machtkampf und in einer fundamentalen Existenzkrise der eigenen Partei beruft der Rechtsanwalt Dr. Gregor Gysi (der sein Examen mutmaßlich einst sehnsuchtsvoll dem Grundgesetz widmete) gemeinsam mit namentlich ungenannten Mitgliedern eine “Potsdamer Konferenz” unter dem Titel “Deutschland – in bester Verfassung?” ein. Anschließend wird, ohne ein einzigen regulären Parteitagsbeschluss in der Tasche, über 21 Jahre nach der deutschen Einheit das Grundgesetz plötzlich als “Provisorium für die BRD” diffamiert, welches “zahlreiche Fragen unberücksichtigt” lasse. Gysi und die ungenannten anderen Teilnehmer der „Potsdamer Konferenz“ fordern nach Artikel 146 Grundgesetz („von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen“), also in direktem Bezug zum im Lissabon-Urteil des Bundesverfassungsgerichts erwähnten „unmittelbar erklärten Willen des deutschen Volkes“, eine Volksabstimmung und die Installation einer neuen Verfassung. (16)
Merkwürdigerweise taucht in den “zahlreichen unberücksichtigen Fragen”, die der Ableger der im Frühjahr 2004 noch von der P.D.S. mit gegründeten “Europäischen Linken” plötzlich in der deutschen Verfassung ortet, das Wort “Europa” kein einziges Mal auf.
12. Juni 2012:
Präsident und Vizepräsidentin der Notenbank der Bundesrepublik Deutschland, Jens Weidmann und Sabine Lautenschläger, fordern in öffentlichen Auftritten eine “Bankenunion”, eine “europäische Einlagensicherung”, einen “europäischen Bankenstabilisierungsfonds”, “umfassende Änderungen” in “etlichen nationalen Verfassungen” und die “Aufgabe eines Teils der nationalen Souveränität” der Demokratien mit Euro-Finanzsystem. (17)
16. Juni 2012:
Der Vorsitzende der „Christlich-Sozialen Union“ C.S.U., Horst Seehofer, verkündet in der “Süddeutschen” (18), das Grundgesetz müsse geändert werden. Und zwar derart, dass zukünftig “in drei Fällen” Volksabstimmungen notwendig seien:
“wenn weitere Kompetenzen an Brüssel übertragen werden sollen; wenn die EU neue Mitglieder aufnehmen will; und wenn neue Hilfsprogramme in der Euro-Krise aufgelegt werden sollen, die über die bisherigen Rettungsschirme hinausgehen“
Mal davon abgesehen, dass Seehofer versucht mit plumpen Resentiments gegen eine Republik zu punkten, deren Bevölkerung derzeit mit ihrem Autokraten zu tun hat: der C.S.U.-Vorsitzende fordert schlicht eine Änderung der Verfassung die das verbietet worüber er Volksabstimmungen abhalten will. Hätte Seehofer stattdessen verkündet, die C.S.U. wolle das Grundgesetz einhalten, es wäre eine Neuigkeit gewesen.
23. Juni 2012:
C.D.U.-Finanzminister Wolfgang Schäuble spricht in den „Spiegel“: ein „neues Grundgesetz“ müsse her, welches durch eine Volksabstimmung legitimiert werden solle. Dieses „neue Grundgesetz“, so Schäuble, solle die EU-Kommissare zu einer „echten Regierung“ Deutschlands machen, auch die von allen anderen Mitgliedsstaaten des EU-Staatenbundes. Dessen Mitgliedsstaaten hätten sich, so Schäuble, der “weiteren politischen Integration“ zu fügen.
Der von 2005 – 2009 amtierende Innenminister und heutige Finanzminister der Kanzlerin Merkel heuchelt in altbekannter Manier: noch vor wenigen Monaten hätte er sich nicht vorstellen können, was er jetzt sage. Aber nun sei er nicht mehr so sicher. (19)
In der Presse wird Schäubles Äußerung als sensationelle Meldung verkauft. Dabei kann (auch) in dieser Chronologie jeder nachlesen, dass Schäuble nur wiedergibt, was Funktionäre aus Kapital und Staat, auch und gerade in Deutschland, seit Jahrzehnten immer wieder vorgeschlagen haben.
29. Juli 2012:
Es folgt ein weiteres exemplarisches Beispiel im Funktionärsport Zynismus.
Nun spricht der Vorsitzende des „Internationalen Gewerkschaftsbundes“ (I.T.U.C.) und des „Deutschen Gewerkschaftsbundes“ (D.G.B.), Michael Sommer, in den „Spiegel“ (20). Die Euro-Politik der Regierung, so Sommer, sei „nicht mehr vom Grundgesetz gedeckt“. „Auf der anderen Seite erlebe man die schleichende Abschaffung nationaler Staatlichkeiten und Demokratie“. Daher, so der Vorsitzende des „Deutschen Gewerkschaftsbundes“ in „Spiegel“-Schrift, sei ein „europäischer Verfassungskonvent“ notwendig, um „den Bürgern die notwendigen Mitspracherechte zu geben“.
5. August 2012:
Der Fraktionsvorsitzende von „Die Linke“ Gregor Gysi verlautbart in der „Berliner Morgenpost“, die Republik werde im Falle einer in Karlsruhe am 12. September entschiedenen Verfassungswidrigkeit des “Europäischen Stabilisierungsmechanismus (E.S.M.) “mit der Frage nach einer neuen Verfassung konfrontiert” werden. Das Grundgesetz, so Gysi, sei “nun mal nicht geschrieben für eine europäische Föderation”. (21)
6. August 2012:
Nur einen Tag später: Der S.P.D.-Vorsitzende Sigmar Gabriel lässt verkünden, er wolle eine „Grundgesetzänderung und Volksabstimmung, um Haushaltsrechte des Bundestags auf die EU zu übertragen“. Im Detail kündigt der Vorsitzende der „Sozialdemokratischen Partei Deutschlands“ an, ein von Jürgen Habermas, Julian Nida-Rümelin und Peter Bofinger entwickeltes Konzept umsetzen zu wollen. Das S.P.D.-Konzept sieht vor, daß ein transstaatlicher Verfassungskonvent zur Gründung eines neuen paneuropäischen Staates einberufen wird, der anschließend Souveränität, Verfassungen und/oder entsprechende verfassungsrechtliche Bestimmungen aller 17 Staaten mit „Euro“-Finanzsystem durch Volksabstimmungen auflöst und die Staaten als Bundesstaaten assimiliert. (22)
10. August 2012:
C.S.U.-Vorsitzender Horst Seehofer spielt die gleiche Platte, die er schon am 16. Juni in der „Süddeutschen“ aufgelegt hat. Er, Seehofer, sehe „drei Felder“, bei denen das Volk befragt werden müsse, bevor der Staat es mache:
„Erstens: bei der Übertragung von wesentlichen Kompetenzen nach Brüssel. Zweitens: vor der Aufnahme weiterer Staaten in die Europäische Union. Und drittens: über finanzielle deutsche Hilfen für andere EU-Staaten.“
Der Bundestagsfraktionsführer der F.D.P., Rainer Brüderle, am gleichen Tag in einem anderen Interview:
„Wir können an einen Punkt kommen, an dem eine Volksabstimmung über Europa notwendig wird“
23. August 2012:
Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Merkel, Parteifunktionäre und Prominente starten die u.a. von internationalen Konzernen, Allianz, Bertelsmann, Volkswagen, BMW und ihren Stiftungen finanzierte aufwendige Kampagne
„Ich will Europa“. In ihrem Grußwort sagt die Kanzlerin die herzwürdigen Worte (17):
„Bei allem Streit, bei aller Suche nach dem besten Weg im Detail, dürfen wir eines nicht vergessen: Europa ist eben nicht nur eine Sache des Verstandes. Europa ist und bleibt vor allem auch eine Sache des Herzens.“
14. April 2013:
DIe S.P.D. beschließt in Augsburg ihr „Regierungsprogramm“ (25) für die Zeit nach der Bundestagswahl im September 2013. In diesem heißt es:
„Wir wollen mehr Mitwirkungsrechte der Menschen bei der politischen Willensbildung. Dazu werden wir auf auch Bundesebene Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide einführen. Für die notwendige Mehrheit einer Grundgesetzänderung werden wir bei den anderen Fraktionen werben.“
Zitat Grundgesetz Artikel 20, Abs. 2:
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen…ausgeübt.“
Es dürfte nun offensichtlich sein, warum die S.P.D. in ihrem „Regierungsprogramm“ bei dem angekündigten Versuch die Verfassung zu ändern, von „Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide“ spricht und nicht von „Volksabstimmungen„. Denn dann würden vielleicht ein oder zwei der 80 Millionen StaatsbürgerInnen auffallen, dass sie seit Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 ein Grundrecht auf Volksabstimmungen haben, welches ihnen aber bis heute vom Staat vorenthalten wird.
18. Mai 2013:
Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (26) gibt bekannt, dass ihr der von der S.P.D. angekündigte Verfassungsänderungs-Gesetzentwurf bereits vorliegt und dass dieser von Bündnis 90/Die Grünen und „Liberalen“ unterstützt wird. Die Justizministerin der Republik, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (F.D.P.), die laut den F.D.P.-„Freiheitsthesen“ bereits für die Beseitigung der Verfassungsordnung zugunsten einer „politischen Union“ Paneuropas, die Überführung der Bundesrepublik Deutschland in einen „durch Volksabstimmungen in den Mitgliedstaaten legitimierten europäischen Bundesstaates“ eintritt, äußert sich zum S.P.D.-Verfassungsänderungsgesetz wie folgt:
„Die FDP ist dafür, Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheid im Grundgesetz einzuführen“
Denn das, so die Justizministerin, sehe das Wahlprogramm der F.D.P. vor. Bereits Mitte Juni, so die F.A.S., soll die Verfassungsänderung durch den Bundestag gejagt werden.
25. Mai 2013:
Die „Vizechefin“ von „Die Linke“, Sarah Wagenknecht, kündigt gegenüber der „Schweiz am Sonntag“ (27) eine Unterstützung der von der S.P.D., F.D.P. und Grünen propagierten Verfassungsänderung durch die „Linksfraktion“ im Bundestag an. Wagenknecht wörtlich:
„Wir sollten in Deutschland über Dinge wie Hartz IV, das Rentenalter oder Auslandeinsätze der Bundeswehr abstimmen können. Gerade, weil wir oft sehen, dass sich die Mehrheiten im Parlament deutlich von Mehrheitsmeinungen der Bevölkerung unterscheiden“.
Epilog:
Der wahre Hintergrund des kommenden Versuchs von Regierung, Parlament, Präsident und etablierten Parteien (bei zu erwartender Kollaboration des Bundesverfassungsgerichts) die Verfassung zu ändern, dürfte klar geworden sein:
Durch eine Volksabstimmung, bei aller Anstrengung der eigenen offenen und verdeckt operierenden Kräfte, die letzte Verteidigungslinie des Grundgesetzes durch genau den „unmittelbar erklärten Willen des Deutschen Volkes“ zu überwinden, den das Lissabon-Urteil aus 2009 für das Gelingen eines zweiten von oben geführten Staatsstreichs in Deutschland nach 1933 zwingend vorschreibt.
Quellen:
(1) http://wayback.archive.org/web/20081117160109/http://www.spd.de/show/1682028/spd_berlinerprogramm.pdf
(2) http://www.spd.de/linkableblob/1778/data/hamburger_programm.pdf
(3) http://www.bverfg.de/entscheidungen/es20090630_2bve000208.html
(4) http://www.spiegel.de/politik/deutschland/euro-krise-merkel-sucht-nach-
europas-kern-a-784283.html
(5) http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20110907_2bvr098710.html
(6) http://unser-politikblog.blogspot.de/2012/07/sturmangriff-auf-grundgesetz-und.html
(7) http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/verfassungsrichter-huber-im-sz-gespraech-eine-
europaeische-wirtschaftsregierung-ist-heikel-1.1145416
(8) http://www.zeit.de/2011/39/Interview-Herzog/komplettansicht
(9) http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europas-schuldenkrise/im-gespraech-andreas-vosskuhle-mehr-europa-laesst-das-grundgesetz-kaum-zu-11369184.html
(10) http://www.bild.de/politik/inland/sigmar-gabriel/wir-muessen-die-eu-reformieren-die-buerger-
abstimmen-lassen-teil-1-20133030.bild.html
(11) http://www.gruene-partei.de/cms/default/dok/391/391103.die_zukunft_ist_europa.htm
(12) http://www.radio-utopie.de/2011/11/26/bundnis-90die-grunen-haben-keine-zukunft-nicht-in-deutschland-nicht-in-europa/
(13) http://wiki.piratenpartei.de/AG_Europa/Programm
(14) http://www.bild.de/politik/inland/ackermann-josef/zur-europaeischen-union-22881940.bild.html
(15) http://www.fdp.de/files/408/Karlsruher_Freiheitsthesen.pdf
(16) http://www.linksfraktion.de/nachrichten/potsdamer-erklaerung/
(17) http://www.radio-utopie.de/2012/06/12/bundesbank-fordert-verfassungsanderungen-der-demokratien-mit-euro-finanzsystem/
(18) http://www.sueddeutsche.de/bayern/finanzkrise-in-europa-seehofer-fordert-volksbefragung-
fuer-euro-hilfe-1.1384765
(19) http://www.spiegel.de/politik/ausland/euro-krise-schaeuble-prophezeit-baldiges-europa-
referendum-a-840549.html
(20) http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/dgb-chef-sommer-deutsche-euro-rettungspolitik-ist-
verfassungswidrig-a-846933.html
(21) http://www.morgenpost.de/english-news/article108485219/Gysi-erwaegt-Amtsverzicht-zu-
Wagenknechts-Gunsten.html
(22) http://www.berliner-zeitung.de/finanzkrise/eurokrise-spd-vor-strategiewechsel-in-der-euro-
debatte,10808234,16809790.html
(23) http://de.reuters.com/article/domesticNews/idDEBEE87902A20120810
(24) http://www.youtube.com/watch?v=rT73AnGgf7w
(25) http://www.bundestagswahl-bw.de/wahlprogramm_spd.pdf
(26) http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/buergerbeteiligung-spd-macht-druck-bei-bundesweitem-volksentscheid-12187502.html
(27) http://www.sonntagonline.ch/mobile.php?type=news&id=2991
[…] von den Freunden des Grundgesetzes am 8. Juni beschriebene geplante radikale Änderung des Grundgesetzes, die ermöglichen soll durch den “unmittelbar […]